Ich muss ja zugeben… vor dem Freundschaftsspiel gegen Frankreich, bei dem die Franzosen mit einer vollbesetzten A-Elf aufliefen und nur Kingsley Coman und Antoine Griezmann fehlten, hätte ich keinen Euro auf Die Mannschaft gewettet – zu tief saßen die Stacheln, die Flick und auch Interims-Coach Völler in meinem Fußballherz hinterlassen haben. Von der Weltspitze 2014 degradiert zu einem Team, dass sich weltweit auf Platz 16 wiederfindet. Und einige der Teams vor uns würde wahrscheinlich niemand instinktiv als Fußballnationen bezeichnen: Kroatien, Uruguay, Marokko, die USA, Kolumbien und Mexiko. Ganz anders als die Teams, die schon immer eine Rolle spielten und mit denen wir uns mal locker auf Augenhöhe befanden: Argentinien, Frankreich, England, Belgien, Brasilien, Niederlande, Portugal, Spanien und Italien. In der ewigen WM-Tabelle sind wir immer noch auf Platz 2 und lassen bis auf Brasilien immerhin noch alle anderen hinter uns. Die Frage ist: Wie lange noch?
Und hier ist das Erfreuliche, denn auf diese Frage scheint uns Julian Nagelsmann, der seit Oktober 23 das Amt des Cheftrainers bekleidet, allmählich eine Antwort zu geben:
Da war eben dieses WM-Freundschaftsspiel gegen Frankreich am Samstag, den 23.03.2024 in Lyon. Aus Sicht der Mannschaft: 15:11 Schüsse, 6:2 Torschüsse, 58%:42% Ballbesitz, 709:511 Pässe, 90%:86% Passgenauigkeit, 5:2 Eckbälle… Deutschland war einfach in allen Belangen sichtbar besser und gewann das Spiel verdient mit 2:0. Das Blitztor nach nur 8 Sekunden von Florian Wirtz sorgte garantiert für einen radikalen Umbruch im Spiel der Franzosen und Deutschland musste, besonders in der ersten Halbzeit eine recht lange anhaltende Sturm- und Drangphase der Franzosen standhalten. Doch als das überstanden war und Kai Havertz nach 4 Minuten in der zweiten Halbzeit auf 2:0 erhöhte war eigentlich klar: Hier brennt nichts mehr an. Der Weltranglisten-Zweite musste sich dem Weltranglisten-Sechzehnten geschlagen geben. Ein überzeugender Sieg der mich irgendwie fassungslos machte. War es die schlechte Form der Franzosen oder war diese Truppe, die Nagelsmann da auf den Platz stellte, wirklich wieder in der Lage, den mühsamen und steinigen Weg Richtung Weltspitze einzuschlagen. Ich war fast geneigt, wieder etwas wie Euphorie für diesen Team zu empfinden und mit dieser Euphorie auch wieder die Vorfreude auf die WM 2024 in Deutschland, an die ich bisher ehrlicherweise keinen einzigen Gedanken verschwendete.
Und dann spielten wir am 26.03.2024 in Frankfurt gegen die Niederlande, immerhin Weltranglisten-Sechster. Die Niederländer haben derzeit eine starke Mannschaft mit einer starken Defensive und einem noch stärkeren Mittelfeld. Nur der Sturm schießt noch nicht ganz so viele Tore wie er sollte. Es würde ein spannender Abend werden. Doch der Schock schon in Minute 4: Joey Veerman trifft für die Niederlande zum 0:1, verursacht durch einen persönlichen Fehler von Maximilian Mittelstädt, der erst sein 2. Länderspiel absolvierte und erstaunlich gut mit seinem Fauxpas umging, denn nur sieben Minuten später machte eben jener Maximilian Mittelstädt seinen Fehler wieder gut und platzierte einen traumhaften Schuss aus rund 18 Metern in den rechten Winkel (vom Torhüter aus betrachtet). Es stand 1:1. Im weiteren Verlauf war erspielte sich Deutschland noch den ein oder anderen Hochkaräter. Kurz vor Schluss, in der 85. Minute, erzielte dann Niclas Füllkrug noch tatsächlich den Siegtreffer nach einer Ecke von Toni Kroos – mit der Schulter. Zwar kratzte der niederländische Keeper das Leder scheinbar noch von der Linie, doch die Torlinientechnik lieferte den eindeutigen Beweis: 2:1, gleichzeitig der Entstand. 11:9 Schüsse, 7:4 Torschüsse, 62%:38% Ballbesitz, 726:443 Pässe, 92%:88% Passgenauigkeit, 6:2 Eckbälle. Ähnlich überlegen wie gegen Frankreich, nur dass sich die Niederländer etwas effektiver wehrten.
Fazit: Donnerwetter. 2 Siege in Folge gegen starke Gegner. Langsam freue ich mich wirklich auf den EM-Anstoß am 14.06.2024.